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Thema: Die Samurai Sa Sep 04, 2010 4:52 pm
Der Weg des Kriegers
Die Samurai-Ideologie entwickelte sich etwa seit dem 9. Jahrhundert und beinhaltet wesentliche Züge des Zen-Buddhismus. Der Begriff Bushido, setzt sich zusammen aus Bushi (Krieger) und do (Weg), also "Weg des Kriegers". Es war der ritterliche Ehrenkodex und die Ethik des Samurai-Standes. Bushido forderte Selbstaufopferung, absolute Loyalität, Tapferkeit, höchste Waffenbeherrschung und ständige Kampfbereitschaft aber auch Gerechtigkeit und den Schutz der Schwachen und Wehrlosen. An dieser Stelle muss allerdings angemerkt werden, dass die heutige Vorstellung vom ritterlichen, ehrenhaft kämpfenden Samurai, nicht immer der Realität entsprach. Intrigen, Verschwörungen, Neid, Rache, Machtgier und Feigheit prägten das japanische Mittelalter ebenso, wie jede andere Epoche, überall auf der Welt.
Der ehrenhafte Zweikampf
Für die Samurai war es von zentraler Bedeutung Ehre zu erlangen. Das konnte man vor allem im Kampf gegen einen ebenbürtigen Gegner. So war es üblich, daß in einer Schlacht, Zweikämpfe wie ein Ritual ausgetragen wurden. Die im Frühmittelalter, noch relativ kleinen Armeen der verfeindeten Clans nahmen auf den Schlachtfeld ihre Positionen ein, beschossen sich eine Zeit lang mit Pfeilen und ließen dann ihre besten Samurai hervortreten. Um die Aufmerksamkeit der Götter auf sich zu lenken, wurde ein, mit einer Holzpfeife ausgestatteter Signalpfeil abgeschossen. Die Pfeife an der Pfeilspitze erzeugte einen weit hörbaren Heulton. Der Krieger stellte sich lautstark mit Namen und Rang vor, verkündete seine heldenhaften Taten und den Ruhm seiner Ahnen und beleidigte schließlich noch seine Feinde. Mit einer handvoll Fußsoldaten als Rückendeckung stürtzte er sich auf einen möglichst gleichrangigen Gegner. Traditionell wurde der Kopf des getöteten Feindes aus Trophäe genommen. Der Sieger hielt dann nach dem nächsten würdigen Feind Ausschau. Sein Gefolge, vergleichbar mit den Knappen europäischer Ritter, hatte verschiedene Aufgaben. Sie versorgten den Samurai mit neuen Pfeilen, trugen seinen Speer oder Bogen und bildeten, falls es erforderlich war, seine Leibwache. Gewonnene Zweikämpfe entschieden letztendlich auch die Schlacht. Das mag aus militärischer Sicht wenig sinnvoll erscheinen. So wurde jedoch ein massenhaftes Gemetztel weitgehend verhindert. Ähnliche Zweikampfrituale finden sich auch bei einigen Naturvölkern. Diese rituelle Form der Kriegsführung, war den im 13. Jahrhundert angreifenden, mongolischen Invasoren, allerdings nicht bekannt. Die Mongolen waren modern organisiert und führten ihre Schlachten in straffen Angriffsformationen. Und so starb mancher Samurai, noch bevor er sich vorstellen konnte, im Pfeilhagel der mongolischen Armbrustschützen. Obwohl die Samurai-Armeen von nun an besser organisiert waren, wurde der traditionelle Kampf, bis zur Einführung der Feuerwaffen im 16. Jahrhundert, im wesentlichen beibehalten.
Ständige Bereitschaft
Das alltägliche Leben der Samurai war auf ständige Kampfbereitschaft ausgelegt. Jede Bewegung war, einem Ritual gleich, festgelegt und wurde schon in seiner Kindheit einstudiert. Die ständige Kontrolle des Umfelds und der Menschen in seiner direkten Umgebung, war für den Krieger überlebenswichtig, denn jederzeit konnte er einem plötzlichen Angriff oder einem Attentat zum Opfer fallen. So wurden Verbeugungen nur so weit ausgeführt, dass er seinen Gegenüber nicht aus dem Blick verlor. Eine Ausnahme war jedoch die Verbeugung vor seinem eigenen Herrn und Personen die sein absolutes Vertrauen hatten. Auch die Art des Sitzens und des Hinkniens war streng geregelt. Zuerst kniete man sich mit dem linken Bein hin, dann erst mit dem Rechten. So war jederzeit eine günstige Position zum Schwert-ziehen gegeben. Die Verbeugung im Sitzen war ebenfalls auf einen unerwarteten Angriff ausgelegt. Erst führte man die linke Hand zu Boden, dann die rechte Schwerthand. Das Aufrichten erfolgte natürlich in umgekehrter Reihenfolge. Das Berühren eines fremden Schwertes war absolut tabu. Selbst befreundeten Besuchern, war es erst nach ausdrücklicher Aufforderung erlaubt, das Schwert des Gastgebers in die Hand zu nehmen und zu bewundern. Das Schwert wurde dann auch nur zum Teil aus der Saya gezogen, denn ein gezogenes Schwert bedeutete eigentlich, dass Blut fließen musste. Erst nach einer weiteren Aufforderung, durfte der Gast das Schwert ganz aus der Saya ziehen, um es zu Begutachten. Um eindeutig seine friedliche Absicht zu zeigen, etwa bei einem Besuch im Hause eines Freundes, trug der Samurai sein Schwert in der rechten Hand mit dem Griff nach hinten. Jeder Verstoß gegen diese Etikette konnte als feindselige Handlung gedeutet werden.
Verhaltensegeln
Die genauen Verhaltensregeln und wichtigsten Ideale des Kriegerstandes ließ man gegen Ende der Sengoku-Periode schriftlich festhalten. Wesentlicher Bestandteil des Bushido waren die "Sieben Tugenden des Samurai" Gi Die rechte Entscheidung aus der Ruhe des Geistes.
Yu Mut, Tapferkeit und Heldentum. Jin Das Mitleid, die Liebe und das Wohlwollen gegenüber der Menschheit. Rei Die Höflichkeit und das rechte Verhalten. Makoto Die vollkommene Aufrichtigkeit. Meiyo Ruhm und Ehre Chugi Pflichtbewusstsein, Loyalität und Hingabe
Ein wahrer Samurai sollte frei von jeder Angst sein und keinen Grund haben, krampfhaft am Leben festzuhalten. Für ihn ist es gleich, ob heute oder morgen sein letzter Tag ist. Seine Bereitschaft zu töten, sollte ebenso gefestigt sein, wie seine Bereitschaft selbst in den Tod zu gehen. Seinem Herrn treu zu dienen und ihn mit dem eigenen Leben zu verteidigen, galt als höchstes Ideal.
Der rituelle Selbstmord "Seppuku"
Durch Seppuku oder Harakiri (Bauchaufschneiden), den rituellen Selbstmord, konnte ein Samurai seine Ehre wahren. Die richtige Bezeichnung lautet eigentlich Hara-wo-kiri, wurde aber später von den Europäern Harakiri ausgesprochen. Den Bauch schnitt man auf, weil er im Buddhismus als der eigentliche Sitz der Seele gilt und die wurde in diesem letzten Akt freigelegt. Dieses Ritual wurde wahrscheinlich das erste Mal im 12. Jahrhundert, von Minamoto Tametomo, nach einer verlorenen Schlacht, vollzogen. Ein Samurai beging aus unterschiedlichen Gründen Harakiri, etwa um einer Gefangennahme durch den Feind zu entgehen oder um seinem Herrn in den Tod zu folgen. Dies galt als Zeichen höchster Loyalität. Außerdem gab es diese Form der Selbsttötung auch als letzten Protest gegen eine Entscheidung des Herrn. Später wurde Harakiri auch als würdige Todesstrafe für Samurai verordnet. Es ist wohl klar, das Harakiri, mit unerträglichen Schmerzen verbunden war. In einem festgelegten Ritual schnitt sich das Opfer den Bauch von links nach rechts auf. Hatte der Selbstmörder genug Mut bewiesen, wurde er nach dem ersten Schnitt von einem Helfer mit einem einzigen Schwerthieb enthauptet. Obwohl dieser Gnadenstoß für das Opfer eine Erlösung war, forderte das Harakiri außerordentliche Selbstdisziplin. Dieses Aufschlitzen war derart unmenschlich, dass die Zeremonie später "erleichtert" wurde und sich das Opfer "nur" in das Schwert hineinstürzen musste. Auch für die Frauen und Kinder der Samurai galt es, sich einer drohenden Gefangennahme und der damit verbundenen Demütigung, sofern sie sich überwinden konnten, durch Selbstmord zu entziehen. Manchmal nahm die ehrenvolle Selbsttötung auch recht seltsame Formen an. Eine Legende erzählt von Togo Shigechika, einem sagenumwobenem Samurai, der sich nach dem erfolglosen Versuch eine Burg zu erobern, in voller Rüstung auf seinem Pferd lebendig begraben ließ und seinen Feinden Rache schwor. Im Jahre 1868 wurde der rituelle Selbstmord offiziell verboten.
Ronin
Als Ronin bezeichnete man herrenlose Samurai, die beispielsweise von ihrem Herrn verstoßen wurden oder die Niederlage ihres Clans überlebten und fliehen mussten. Diese "Herrenlosen" zogen vor allem während der blutigen Sengoku-Periode im 15. und 16. Jahrhundert durch das Land. Zahlreiche Clans löschten sich gegenseitig aus und den überlebenden Samurai blieb oft nichts anderes übrig, als umherzuziehen und sich irgendwie ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Oft ließen sie sich als Söldner anwerben oder schlossen sich Räuberbanden an, die Angst und Schrecken unter der einfachen Landbevölkerung verbreiteten. Es gibt aber auch Erzählungen von guten und heldenhaften Ronin, die den Unterdrückten und Schwachen zur Seite standen.
Ninja
Eine ganz besondere Stellung unter den Kriegern nahmen die Ninja , auch als Shinobi bezeichnet, ein. Die ursprünglich als Kundschafter eingesetzten Kämpfer, entwickelten sich im Laufe der zahlreichen Kriege zu hochspezialisierten Agenten, die eigene Clans gründeten und ihre Fähigkeiten von Generation zu Generation weitergaben. Sie waren sowohl Spione und Geheimagenten als auch Auftragsmörder und Sondereinsatzkommando. Schon als Kinder begannen sie ihre extrem harte Ausbildung in den Disziplinen der Waffenfertigkeiten, der verdeckten Ermittlung, der absoluten Körperbeherrschung und des lautlosen Tötens. Ihre Aufgaben waren nicht nur Attentate, auch Spionageabwehr und Leibwächterdienste wurden von Ninja übernommen. Ihre Künste waren so legendär, daß man ihnen fast übermenschliche Fähigkeiten nachsagte. So sollten sie sich unsichtbar machen können, indem sie mit der Umgebung eins wurden, Gedanken lesen und Kampftechniken wie kein anderer beherrschen. Es wurde auch behauptet, sie könnten ihre Gliedmaßen ausrenken um sich von Fesseln zu befreien, steile Mauern wie eine Spinne hochklettern, sich völlig geräuschlos bewegen und durch eine spezielle Gangart, die Richtung ihrer Flucht nicht erkennen lassen. Neben den hypnotischen Fähigkeiten sind auch die Kujiin, die magischen Fingerzeichen berüchtigt. Sie sollen Menschen und Tiere beeinflussen können. Der Ninja musste mit jeder erdenklichen Situation fertig werden, in der Wildnis zurechtkommen, aus Pflanzen Medizin und Gifte herstellen, Spuren lesen, und gegen Hunger und Kälte bestehen. Er sollte die regionalen Dialekte der Einsatzorte beherrschen, über eine umfassende Allgemeinbildung verfügen und sich perfekt dem jeweiligen sozialem Umfeld anpassen können. Wurde er entdeckt und gefangengenommen, erwartete ihn nicht nur der Tod, sondern meist auch grausamste Folter, um seine Pläne und Auftraggeber in Erfahrung zu bringen. Ihr Waffenarsenal umfasste nicht nur die üblichen Samurai-Waffen, sondern auch ein Sortiment an Spezial-Waffen und Ausrüstung, So wurden unter anderem diverse Gifte, Spreng- und Blendpulver, Wurfwaffen, zerlegbare Bögen und Kletterausrüstungen eingesetzt. Ihre Schwerter glichen im Aussehen denen der Samurai, waren aber oft mit Geheimverstecken für Gifte, Sprengstoffe oder Wurfwaffen versehen. Das heute, im Handel angebotene "Ninja-Schwert" mit gerader Klinge ist wohl eher ein Fantasieprodukt, es entspricht jedenfalls nicht den historischen Abbildungen. Gelegentlich wurden gerade Klingen als "versteckte Schwerter" in Bambusstöcken mitgeführt. Diese Bambusstöcke dienten nebenbei als Blasrohre für vergiftete Pfeile, oder wurden als eine Art Schnorchel verwendet, um sich unter Wasser zu verstecken. Die Ninja-Clans bewahrten ihre Geheimnisse über Generationen bis in die Gegenwart. So rankten sich Mythen und Legenden um die Schattenkrieger und eine Mischung aus Fantasie und Realität bot immer wieder Stoff für abenteuerliche Geschichten. In der Mythologie der Ninja spielte der Tengu eine zentrale Rolle. Die Tengu waren dämonische aber meist freundliche Wesen mit Schnabel und Flügeln (Krähen-Tengu "karasu tengu") oder langer Nase. Sie lebten versteckt in den Bergwäldern und waren Meister im Schwertkampf. Mitunter werden die Tengu auch als Urahnen der Ninja angesehen. In den Ninja-Familien herrschte eine strenge Rangfolge. An der Spitze eines Clans stand der Jonin, das Familienoberhaupt, gefolgt von den Chunin, den Verbindungsoffizieren und den Genin, den eigentlichen Ninja. Die Ninja-Clans siedelten von Koga im Norden bis zur südlichen Kii-Provinz und Himeji im Südwesten. Das Zentrum des Ninjutsu (der Kunst des Verborgenen) lag auf der Hauptinsel Honshu. Mit der Zeit entwickelten sich verschiedene Stilrichtungen und Schulen, von denen die bekanntesten die Koga-ryu und die Iga-ryu waren. Berühmte Führer der Ninja waren im 16. Jahrhundert: Hattori Hanzo, Momochi Sandayu und Fujibayashi Nagato. Ninja führten meist ein Doppelleben und gingen einer unauffälligen Beschäftigung nach. Es gab auch Samurai die "undercover" als Ninja tätig waren. Im Allgemeinen waren jedoch die "unehrenhaften" Ninja bei den Samurai verhasst. In der Öffentlichkeit verständigten sich Ninja untereinander mit geheimen Fingerzeichen.
"Kunoichi", die weiblichen Ninja
Neben den Männern wurden auch Frauen als Ninja ausgebildet. Spionage, Nahkampf und vor allem die Abwehr eines, in der Regel stärkeren, männlichen Gegners waren wesentliche Bestandteile ihres Trainings. Bei ihnen lagen die Schwerpunkte allerdings mehr im Bereich der psychologischen Manipulation. Besonderer Wert wurde auf feine, gesellschaftliche Umgangsformen und eine umfassende Allgemeinbildung gelegt. Der berühmte Feldherr Takeda Shingen ließ ein ganzes Netzwerk weiblicher Agenten aufbauen.